Wackeliger Pakt
Ausdrücklich vereinbart war es im Deutschland-Pakt beider Parteien nicht, dass bei der Wahl zur Bremer Bürgerschaft im Mai auch NPD-Vertreter auf der DVU-Liste kandidieren. Dass nun aber nicht einmal für die Wahl der lokalen Ortsbeiräte NPDler auf dem Ticket der DVU antreten sollen, sorgt für Ärger bei jenen in der NPD, denen das Bündnis mit dem Münchner Verleger schon immer ein Dorn im Auge war.
Glaubt man Berichten aus dem „Störtebeker-Netz“ und aus Internetforen, dann hat ein Landesparteitag der DVU Mitte Februar sämtliche NPD-Bewerber durchfallen lassen. Abgelehnt wurden demzufolge der Kreisvorsitzende von Bremen-Stadt, Jörg Wrieden, sein früherer Stellvertreter Lutz Henze und NPD-Kreisjugendreferent Sascha Humpe. Nicht akzeptiert wurden zudem Gabriele und Louisa Yardim, die auch NPD-intern heftig umstritten sind: Gabriele Yardim war mit einem türkischen Mann verheiratet; aus dieser Beziehung stammt die Tochter Louisa. Kein guter Background für ein Engagement in der NPD.
Störtebeker zufolge hatte die DVU noch im vorigen Jahr zugesagt, dass NPD-Mitglieder für die Ortsbeiräte kandidieren könnten. Nun jedoch habe die Frey-Partei die NPD-Kandidaten als für eine „Bürgerpartei“ nicht würdig befunden. Eine entsprechende Weisung sei direkt aus München gekommen und an die Delegierten weitergegeben worden. Das Feld ist eröffnet für Spekulationen. „Der freye Doktor in München hat ‘seiner’ DVU per Aus- und Abgrenzungsbeschlüssen schon lange vor dem ‘Deutschlandpakt’ klar vorgegeben, welche Kameraden er bei sich nicht dulden will, dazu gehören beispielsweise weder Skins noch Freie Kameradschaften“, heißt es in einem Forum. Und tatsächlich dürften – so gesehen – Wrieden, Henze und Humpe schon von ihrer Haartracht her nicht das Gefallen des DVU-Chefs gefunden haben.
Eine andere Spekulation gibt Störtebeker wieder: „Böse Zungen behaupten, dass die Aufstellung der NPD-Kandidaten absichtlich so erfolgte, um eine Ablehnung durch die DVU förmlich zu provozieren.“ Überraschen würde das im Fall Bremen nicht. Im Oktober 2005 hatte der NPD-Landesvorsitzende Horst Görmann den Deutschland-Pakt in Frage gestellt. Er verbreitete eine Pressemitteilung zum Thema Bürgerschaftswahl, in der von der DVU mit keinem Wort die Rede war. Statt dessen hieß es, es werde Zeit, dass „endlich wieder eine nationale Partei in das bremische Länderparlament einzieht.“ Darauf bereite sich die Bremer NPD vor. Görmann sehe „gute Chancen, bei einem Wahlantritt in das Parlament einzuziehen“, nachdem die Bremer NPD bei der Bundestagswahl 2005 ihr Ergebnis vervierfacht habe. Kaum stand diese Meldung auf der Homepage des Landesverbandes, da war sie auch schon wieder verschwunden. Ob es dazu einer Intervention der Berliner Parteispitze bedurfte, ist nicht überliefert. Bekannt ist aber, dass Landes- und Bundesvorstand seit Jahren zerstritten sind. Dass die renitenten Bremer sich nicht auf den DVU-Listen präsentieren können, dürfte Voigt & Co. nicht besonders stören. Jedenfalls nicht so sehr, dass sie dafür einen Konflikt mit Frey in Kauf zu nehmen bereit wären.
Andernorts hatte die NPD-Spitze schon ernsthaftere Brände in Sachen Deutschland-Pakt löschen müssen. Parteivize Peter Marx zum Beispiel ließ im Sommer die „Berliner Zeitung“ wissen: „Sollte die NPD ein gutes Wahlergebnis am 17. September in Mecklenburg-Vorpommern erzielen, dann müssen wir mit der Deutschen Volksunion darüber sprechen, ob nicht wir anstelle der DVU im Jahr 2009 zur Wahl in Thüringen antreten.“ Anschließend musste er versichern, selbstverständlich stehe die NPD zu den Vereinbarungen mit der DVU. Und auch Marx’ Vorstandskollege Klaus Beier, Bundespressesprecher und NPD-Vorsitzender in Brandenburg, musste wiederholt beteuern, auch sein Landesverband, der seine Aktivitäten im DVU-„Stammland“ Brandenburg deutlich ausbaut, wolle den Deutschlandpakt einhalten. Spätestens die Landtagswahl in Thüringen, wo die DVU antreten soll, wird zur Nagelprobe für die Belastbarkeit des Paktes. Die Suhler Tageszeitung „Freies Wort“ notierte Anfang Februar, gestützt auf Informationen des Verfassungsschutzes: Die Bereitschaft der NPD, sich an die Abmachung zu halten, bröckele. Bis hinein in den Thüringer Landesvorstand gebe es intensive Debatten, ob die NPD nicht doch selbst antreten solle.
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