Biedermann-Masche
Die Thüringer NPD will am kommenden Sonnabend ihre vor zwei Monaten ausgerufene Mitgliedergewinnungskampagne vor der Staatskanzlei in Erfurt ausklingen lassen. Von 150 Mitgliedern im Jahr 2003 haben die Nationaldemokraten inzwischen ihren Bestand auf über 450 steigern können. In Strategiepapieren mobilisiert man zu einem kommunalen Angriff, so sind die gestiegenen Aktivitäten im gesamten Bundesland zu erklären.
Doch auch die Landtagswahlen 2009 hat man im Auge. Die Landeshauptstadt wurde nicht von ungefähr am 1. Mai zum Aufmarsch-Ort auserkoren. Dort versucht es die Partei inzwischen mit der Biedermann-Masche, so hat sie hat Mitglieder in den Bund der Vertriebenen (BdV) geschickt, zeigt sich in der Bürgerinitiative für den Erhalt eines zur Schließung anstehenden Schwimmbades und lädt Unternehmer zu einer Gesprächsrunde ein. Der Kreisvorsitzende Kai-Uwe Trinkaus gehört zu dem von anderen rechten Aktivisten wie Patrick Paul und Tobias Kammler gegründeten Verein „Schöner leben in Erfurt“. Die Stadtparlamentssitzungen werden seitens der NPD von den Zuschauerplätzen aus verfolgt, beim Tag der offenen Tür des Landtages provokant Sitzproben im Plenarsaal auf den Plätzen der Erfurter Abgeordneten der Linken vorgenommen.
In Erfurt gab es Infostände der NPD mit dem Kreischef Trinkaus, der 1994 für wenige Monate einmal PDS-Ratsherr in Erfurt war. Trinkaus macht auch Anbiederungsversuche bei seiner ehemaligen politischen Heimat, der Linken. Deren Landesvorsitzenden Knut Korschewsky bezeichnet er über das gemeinsame Hobby Tauchen als Freund, was Korschewsky abstreitet. Trinkaus hat laut dem „Neuen Deutschland“ eine Zeit lang der Linke-Parlamentarierin Susanne Henning nachgestellt und ihr sogar Blumen in den Landtag geschickt, bis diese sich mit einer Stalking-Anzeige wehrte. Hennings Abgeordneten-Parteikollege Matthias Bärwolff wurde nach eigenen Aussagen vor kurzem mit seinem Auto von Trinkaus fotografiert. Henning und Bärwolff betreiben ein Wahlkreisbüro, bei dem vor wenigen Tagen die Scheiben eingeworfen wurden. Der NPD-Kreisverband hat scheinheilig 100,-- Euro Belohnung zur Ergreifung der Täter ausgelobt, obwohl Beobachter und Polizei davon ausgehen, dass die Sachbeschädigung aus der rechten Szene stammt. Aus dem Umfeld von Trinkaus und NPD stammt schließlich auch die Regionalzeitung „Bürgerstimme“, die nicht auf den ersten Blick als ein Produkt aus der Neonaziszene auszumachen ist.
Quelle
Bnr [13.07.07]
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