„Spitzenpersonal“
Der Kontrast könnte kaum deutlicher sein: In Niedersachsen eine NPD, die ihren Wahlkampfauftakt mit 700 Gästen und geballter Parteiprominenz im Hannoverschen Congress-Centrum begeht, die ein Wahlprogramm vorlegt, das sich in Stil und Inhalt auch an ein bürgerliches Publikum richtet, und dazu passend mit Andreas Molau einen Spitzenkandidaten präsentiert, der nicht gleich als Kinderschreck durchgeht. Demgegenüber in Hessen eine NPD, die ihren Wahlkampf mit einer kläglichen 100-Mann-Demonstration startet, die ein „Sofortprogramm“ vorlegt, das in seiner ersten Fassung nur entfernte Ähnlichkeit mit deutscher Rechtschreibung aufwies, und mit einem „Spitzenpersonal“, das abschreckt.
Zwar hatte NPD-Bundesvize Sascha Roßmüller den Hessen „die volle Unterstützung der Bundespartei in diesem für die Gesamtpartei so wichtigen Wahlkampf“ zugesagt. Doch tatsächlich behandelt die Parteispitze beide Bundesländer, in denen am 27. Januar neue Parlamente gewählt werden, höchst unterschiedlich und konzentriert sich – jedenfalls bislang – auf Niedersachsen. Währenddessen werden der Hessen-NPD auch szeneintern manche Fehlleistungen vorgehalten – beginnend mit der Landesliste, die Doris Zutt anführt. Einen Namen hat sich die 52-Jährige gemacht, weil sie einst mit ihrem Laden „Zutts Patriotentreff“ im heimischen Ehringshausen die Szene mit Neonazi-Devotionalien versorgte. Auch wenn die NPD in Ehringshausen bei der Kommunalwahl 2006 immer noch 4,9 Prozent der Stimmen erhielt – 1997 waren es sogar 22 Prozent gewesen –, ist Zutt alles andere als ein Wählermagnet: Als sie im Januar 2007 für das Oberbürgermeisteramt in Frankfurt kandidierte, kam sie auf nur 0,8 Prozent.
Probleme anderer Art hat der Listendritte, Marcel Wöll. Das Amtsgericht Friedberg verurteilte den wegen Körperverletzung bereits zweimal vorbestraften NPD-Landesvorsitzenden Anfang August in erster Instanz wegen Volksverhetzung zu vier Monaten Haft ohne Bewährung. Er hatte Auschwitz als „Stätte des so genannten nationalsozialistischen Terrors“ bezeichnet, Exkursionen dorthin als „Gehirnwäsche“. Seine Untauglichkeit für Parlamentsarbeit stellte auch der Vierte auf der Liste, der Frankfurter Kreisvorsitzende Jörg Krebs, unlängst unter Beweis. Anfang September erklärte er in der Stadtverordnetenversammlung: „Die Moslems werden erst ihre Moscheen bauen, und dann schmeißen sie uns die Bomben um die Ohren“, und war dafür aus der Sitzung ausgeschlossen worden.
Eher unglücklich verlief aus Sicht der NPD auch die Suche nach einem attraktiven Wahlkampfplakat. Kurzerhand bediente man sich bei der Schweizerischen Volkspartei (SVP) und ihrem umstrittenen Schäfchenplakat, das der UN-Sonderberichterstatter für Rassismus, Doudou Diène, als rassistisch bezeichnet hat. In seiner ersten, von der Hessen-NPD abgekupferten Fassung erschloss sich der Sinn des Plakats freilich nicht jedem – bis hin zu dem Missverständnis, das per Tritt in den Hintern aus der Gemeinschaft hinausbeförderte schwarze Schaf symbolisiere die NPD. Die aktuelle Version erlaubt keine Fehlinterpretation. Das weiße Schaf ist nun als NPD gekennzeichnet, und unter der Zeichnung wird „versprochen“: „Wir räumen auf in Hessen!“ Von ähnlich dürftiger Qualität wie das Plakat-Plagiat war die erste Fassung des „Sofortprogramms“. Sie glänzte mit Sätzen wie: „Die Abgeordneten des hessischen Landtages verdienen nichts und erhalten viel zu viel“ oder „Wenn ein Paar Heiratet erhalten Sie vom Land Hessen ein Darlehen über 20.000 €“ (Schreibweise im Original).
Nach all diesen Pannen wähnte sich die Truppe um Wöll mit einem Aufmarsch gegen den Bau einer Moschee in Frankfurt-Hausen auf der sicheren Seite. Doch auch diese Rechnung ging nicht auf. Gerade einmal 100 Rechtsextremisten kamen am 20. Oktober in die Mainmetropole. Einige von ihnen gaben ein besonders trauriges Bild ab, weil sie auf ihre Bomberstiefel nicht verzichten mochten und daher auf Socken durch Hausen laufen mussten. In der NPD tröstete man sich damit, dass zu einer Demonstration der Republikaner unter dem Motto „Ja zum Minarettverbot“ am selben Tag in Rüsselsheim gar nur 30 Teilnehmer gekommen waren. Die Republikaner haben immerhin einen gewichtigen Vorteil gegenüber der NPD: Ein „Rekordbudget“ von 300 000 Euro wollen sie für den Wahlkampf einsetzen.
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