Nazis hui, Rote pfui
Bundeswehr duldet Traditionsfeiern für Görings Vorzeigeflieger. Ehrung revolutionärer Matrosen hingegen ist »unzulässig«. Bundesregierung hält das für normal
Offiziere, die Hitler die Hand schüttelten, gehen in Ordnung. Matrosen, die Kontakt zu Sozialisten hielten, sind unzulässig.« So kommentierte Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, die am Freitag eingegangenen Antworten der Bundesregierung auf zwei kleine parlamentarische Anfragen.
Anlaß war die unterschiedliche Behandlung zweier Gedenkfeiern: Auf dem Stützpunkt Köln-Wahn ging es um die Matrosen der kaiserlichen Marine Max Reichpietsch und Albin Köbis, auf der Luftwaffenbasis Zell um Wehrmachtsoberst Werner Mölders.
Die Matrosen gehörten einer revolutionären Bewegung gegen den Krieg an und standen im Kontakt mit der sozialistischen USPD und deren Reichstagsabgeordneten Wilhelm Dittmann. Im September 1917 wurden sie wegen »kriegsverrätischer Aufstandserregung« hingerichtet. Zum 90. Jahrestag ihrer Exekution wollte die Kulturvereinigung Leverkusen eine Gedenkveranstaltung am Grabmal durchführen. Dieses gehört der Stadt Köln, ist aber nur über Bundeswehrgelände erreichbar. Dessen Kommandant verweigerte den Zutritt, weil »politische Betätigung innerhalb einer Bundeswehrliegenschaft untersagt ist«. Das geht in Ordnung, meint die Bundesregierung: Der Kommandant hätte sich sonst »dem Verdacht ausgesetzt, seine Vorgesetztenstellung zugunsten einer bestimmten politischen Richtung zu mißbrauchen«.
Kein Problem war es dagegen für die »Mölders-Vereinigung«, bereits im Juni ihre traditionelle »Mölders-Feier« auf der Luftwaffenbasis Zell abzuhalten. Werner Mölders gehörte zu den am höchsten dekorierten Piloten von Görings Luftwaffe, der sich voll in den Dienst der Nazi-Kriegspropaganda stellte. Selbst seine Privatbriefe strotzen von Kriegsbegeisterung (siehe jW-antimilitarismus-Beilage vom 4. Juli 2007) Weil er als Freiwilliger in der Legion Condor die spanischen Franco-Putschisten unterstützte, wurde er 1998 offiziell aus der Bundeswehr-Traditionspflege ausgeschlossen. Das nach ihm benannte Geschwader wurde 2005 umbenannt. Dennoch machen sich Traditionalisten für ihn stark, unter ihnen CSU-Staatssekretär Christian Schmidt im Verteidigungsministerium. Der zählte Mölders in einer Rede im Vorjahr zu den »weitgehend unpolitischen Idolen seiner Zeit«. Die Bundesregierung beteuert: »Ein ehrendes Gedenken des Oberst Werner Mölders findet durch die Bundeswehr nicht statt«, es sei darin auch keine Änderung geplant. Aber: Den Veranstaltungen der Mölders-Vereinigung »in einer Bundeswehr-Liegenschaft stehen grundsätzlich keine rechtlichen Bedenken entgegen«. Daß die Vereinszeitschrift Der Mölderianer Mölders »soldatische Tugenden«, die er vorbehaltlos in Hitlers Dienste stellte, als »erstrebenswerte Ideale« bezeichnet – kein Problem. Man kommentiere keine Äußerungen von Vereinen, so die Bundesregierung. In dieser Logik kann auch der Kommandant nicht in Verdacht geraten, womöglich »unzulässige politische Tätigkeiten« zu unterstützen – selbst wenn er eigens für die Vereinsversammlung ein Mölders-Porträt im Offiziersheim aufhängt.
»Was hier passiert, ist nichts anderes als die Auslagerung offener Wehrmachtsverherrlichung an einen rechtslastigen Verein. Mit der Verpflichtung der Bundeswehr auf die Demokratie hat das nichts zu tun«, kritisiert Eva Bulling-Schröter (Fraktion Die Linke), auf deren Initiative der Bundestag 1998 die Legion-Condor-Flieger aus der militärischen Ehrung ausgeschlossen hatte.
Quelle
Junge Welt [03.11.07]
Offiziere, die Hitler die Hand schüttelten, gehen in Ordnung. Matrosen, die Kontakt zu Sozialisten hielten, sind unzulässig.« So kommentierte Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, die am Freitag eingegangenen Antworten der Bundesregierung auf zwei kleine parlamentarische Anfragen.
Anlaß war die unterschiedliche Behandlung zweier Gedenkfeiern: Auf dem Stützpunkt Köln-Wahn ging es um die Matrosen der kaiserlichen Marine Max Reichpietsch und Albin Köbis, auf der Luftwaffenbasis Zell um Wehrmachtsoberst Werner Mölders.
Die Matrosen gehörten einer revolutionären Bewegung gegen den Krieg an und standen im Kontakt mit der sozialistischen USPD und deren Reichstagsabgeordneten Wilhelm Dittmann. Im September 1917 wurden sie wegen »kriegsverrätischer Aufstandserregung« hingerichtet. Zum 90. Jahrestag ihrer Exekution wollte die Kulturvereinigung Leverkusen eine Gedenkveranstaltung am Grabmal durchführen. Dieses gehört der Stadt Köln, ist aber nur über Bundeswehrgelände erreichbar. Dessen Kommandant verweigerte den Zutritt, weil »politische Betätigung innerhalb einer Bundeswehrliegenschaft untersagt ist«. Das geht in Ordnung, meint die Bundesregierung: Der Kommandant hätte sich sonst »dem Verdacht ausgesetzt, seine Vorgesetztenstellung zugunsten einer bestimmten politischen Richtung zu mißbrauchen«.
Kein Problem war es dagegen für die »Mölders-Vereinigung«, bereits im Juni ihre traditionelle »Mölders-Feier« auf der Luftwaffenbasis Zell abzuhalten. Werner Mölders gehörte zu den am höchsten dekorierten Piloten von Görings Luftwaffe, der sich voll in den Dienst der Nazi-Kriegspropaganda stellte. Selbst seine Privatbriefe strotzen von Kriegsbegeisterung (siehe jW-antimilitarismus-Beilage vom 4. Juli 2007) Weil er als Freiwilliger in der Legion Condor die spanischen Franco-Putschisten unterstützte, wurde er 1998 offiziell aus der Bundeswehr-Traditionspflege ausgeschlossen. Das nach ihm benannte Geschwader wurde 2005 umbenannt. Dennoch machen sich Traditionalisten für ihn stark, unter ihnen CSU-Staatssekretär Christian Schmidt im Verteidigungsministerium. Der zählte Mölders in einer Rede im Vorjahr zu den »weitgehend unpolitischen Idolen seiner Zeit«. Die Bundesregierung beteuert: »Ein ehrendes Gedenken des Oberst Werner Mölders findet durch die Bundeswehr nicht statt«, es sei darin auch keine Änderung geplant. Aber: Den Veranstaltungen der Mölders-Vereinigung »in einer Bundeswehr-Liegenschaft stehen grundsätzlich keine rechtlichen Bedenken entgegen«. Daß die Vereinszeitschrift Der Mölderianer Mölders »soldatische Tugenden«, die er vorbehaltlos in Hitlers Dienste stellte, als »erstrebenswerte Ideale« bezeichnet – kein Problem. Man kommentiere keine Äußerungen von Vereinen, so die Bundesregierung. In dieser Logik kann auch der Kommandant nicht in Verdacht geraten, womöglich »unzulässige politische Tätigkeiten« zu unterstützen – selbst wenn er eigens für die Vereinsversammlung ein Mölders-Porträt im Offiziersheim aufhängt.
»Was hier passiert, ist nichts anderes als die Auslagerung offener Wehrmachtsverherrlichung an einen rechtslastigen Verein. Mit der Verpflichtung der Bundeswehr auf die Demokratie hat das nichts zu tun«, kritisiert Eva Bulling-Schröter (Fraktion Die Linke), auf deren Initiative der Bundestag 1998 die Legion-Condor-Flieger aus der militärischen Ehrung ausgeschlossen hatte.
Quelle
Junge Welt [03.11.07]
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