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Saturday, October 25, 2008

Ein sensibler, gefährlicher Nazi

Krankhafter Schläger wegen mehrfacher Gewalttaten vor Gericht

Es gibt Nazis, die wollen, dass man sie als Nazis wahrnimmt, als brutale und hirnarme Schläger, die alles plattmachen, was nicht in ihr Weltbild passt. Frank L. (38), kräftig gebaut, ist da ein ganz anderer Typ. Er sieht sich mehr als unverstandenen Feingeist, dem das Schicksal immer wieder böse mitspielt. Die Berliner Staatsanwaltschaft hält ihn mehr für einen unberechenbaren Schläger, der eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt. Angeklagt ist er wegen mehrfacher Körperverletzung und des Zeigens von Symbolen verfassungswidriger Organisationen.

So hat er sich mit 17 Jahren nicht einfach ein Hakenkreuz auf seinen Oberkörper tätowieren lassen, sondern eins mit tiefer Symbolik: Ein reines deutsches Mädel kniet auf dem Kreuz, die Blicke gen Himmel gerichtet. Über der Szene schwebt der Reichsadler. Seit 21 Jahren nun trägt er stolz diesen blauen Schund auf seiner Haut, gewissermaßen als Gleichnis seines zutiefst verkorksten Lebens. »Ich stehe zu meiner Haltung«, erklärte er gestern dem Gericht, auch wenn nicht richtig klar ist, was für eine Haltung er hat.

Immer wieder saß er im Knast wegen übler Gewalttaten. »Ich bin ein geradliniger Mensch und wünsche mir von anderen, dass sie auch so sind.« Doch die sind nicht so, also muss er schlagen. Im Gefängnis schickte er im Dezember 2007 seinen Mithäftling mit dem Aufschrei »ich bin kein Psychopath« auf die Bretter, weil der ihm ein Bild von Hannibal Lector aus dem »Schweigen der Lämmer« hinlegte. Nur wenige Stunden nach Ende seiner letzten Haftstrafe im Februar langte er gleich mehrfach zu, obwohl er sich vorgenommen hatte, sich nicht mehr gehen zu lassen. Er hatte nach dem Leben hinter Gittern den Traum von einer edlen Flasche Whisky, einer dicken Zigarre und einem Bad in einer Badewanne. Geblieben war der Whisky. In der Gaststätte »Völkerfreundschaft« in Prenzlauer Berg schlug er – kräftig alkoholisiert – unvermittelt einen jungen Mann mit dem Barhocker nieder. In einem Kreuzberger Wohnheim sperrte er danach seinen Zimmernachbarn ein und terrorisierte ihn mit Schlägen und Nazimusik, einen Monat später schlug er wahllos auf Heimbewohner einer anderen Unterkunft ein und spielte bei seiner Festnahme wilde Sau. Und immer nur, weil die anderen nicht so »gradlinig« waren wie er.

Wegen seiner gestörten Persönlichkeit möchte die Staatsanwaltschaft ihn in Sicherheitsverwahrung nehmen lassen. Denn niemand kann vorhersagen, wie er sich verhalten wird, wenn er wieder mal in Freiheit ist.

Quelle

Neued Deutschland [24.10.08]